Jedes der Big-Five-Merkmale genügt einer Standardverteilung, so dass etwa 16 % aller Menschen eine Standardabweichung oder mehr unter dem Durchschnitt liegen (LOW), 68 % im Durchschnitt (AVERAGE) und nochmals 16 % eine Standardabweichung oder mehr über dem Durchschnitt (HIGH). Gegeben eine Person mit einem bestimmten Big-Five-Persönlichkeitsprofil, zum Beispiel:
- Extraversion: AVERAGE
- Agreeableness: HIGH
- Conscientiousness: LOW
- Openness / Intellect: HIGH
- Neuroticism: HIGH
Wie wahrscheinlich ist es, dass eine zufällig gewählte Person exakt dasselbe Profil besitzt? Diese Wahrscheinlichkeit macht sich nur daran fest, wieviele der fünf Merkmale im Durchschnitt liegen (n). Im obigen Beispiel wäre n = 1, da es nur ein Merkmal gibt, das im Durchschnitt liegt. Mit etwas Nachdenken kommt man auf diese Formel für die Wahrscheinlichkeit, dass eine zufällig gewählte Person ein gegebenes Persönlichkeitsprofil erfüllt*:
p(n) = 0,68^n * 0,16^(5-n)
Liegen alle Merkmale einer Person im Durchschnitt, also n = 5, so ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine Zufallsbekanntschaft in der Persönlichkeit übereinstimmend ist, etwa 15 % oder 1 zu 7. Hier die gesamte Tabelle:
- n = 5 —> p = 15 % = 1/7
- n = 4 —> p = 4 % = 1/25
- n = 3 —> p = 1 % = 1/100
- n = 2 —> p = 0,2 % = 1/500
- n = 1 —> p = 0,05 % = 1/2.000
- n = 0 —> p = 0,01 % = 1/10.000
Für das obige Profil, welches meines ist, beträgt die Wahrscheinlichkeit nur 1 zu 2.000 eine vollkommen gleichgestrickte Person zu treffen. In der Stadt Freiburg gäbe es demnach, das natürlich rein nach dem Big-Five-Profil beurteilt, 130 Versionen von mir. Wer überall im Normbereich liegt, findet hingegen stolze 37.000 Big-Five-Doppelgänger in Freiburg.
Man kann beides positiv oder negativ sehen. Romantische Beziehungen basieren, wie in anderen Blog-Einträgen festgestellt, vor allem auf dem Prinzip “Gleich und Gleich”. Auffälligkeiten in den Big-Five-Merkmal reduzieren somit den Pool an potentiellen Partnern sind vermutlich auch gute Prediktoren dafür, wie lange eine Person Single bleibt. Umgekehrt stiften Abweichungen in den Big-Five-Merkmalen mehr Identität für das Selbst, im Sinne von klaren und zeitlich-stabilen** Stärken und Schwächen sowie konstanten Interessen, und bieten auch mehr Möglichkeiten zum schnellen (und vor allem tiefgründigeren) Anknüpfen bei Personen, die bei einem der Merkmale eine übereinstimmende Abweichung zeigen.
* Diese Rechnung setzt vollkommene Unabhängigkeit der Big-Five-Merkmale voraus, welche in der Praxis nicht erfüllt ist. Das zeigt die Forschung zu den Big-Two bzw. dem generalisierten Faktor der Persönlichkeit. So treten z.B. Extraversion und Offenheit / Intellekt gehäuft zusammen auf und werden entsprechend in der Theorie der Big-Two zu einem Faktor (genannt Plasticity) zusammengefasst
** Jedes Big-Five-Merkmal zeigt einen typischen Altersverlauf, ist aber davon abgesehen über den Verlauf eines Lebens recht konstant